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Götter zu Menschen

 

5. Wie ist das Verhältnis der Götter zu den Menschen?

Unterabschnitte

5.1 Die Herrschaft der Götter

Eingangs der vorangegangenen Frage wurden bereits erwähnt das die Beantwortung der Fragen durch eine Textanalyse nicht immer so verläuft wie es unsere Erwartung vermutet. Ein gleiches gilt für diese Frage. Das Verhältnis zwischen Menschen und Göttern ist recht zwiespältig. Einerseits sind für Götter die Menschen etwas minderwertiges im Vergleich zur eignen göttlichen Herkunft, anderseits gibt es einzelne Menschen oder auch Völkerschaften welche die Gunst der Himmlischen genießen. Sie sind eben sehr subjektiv in ihrem Wesen und so kommt es auf ganz natürliche Weise zu dem Urteil der Menschen

    * Denn wer den Göttern gehorcht, den werden sie selber erhören.
    * Darum verachte der Mensch doch nie die Gesetze der Götter; nein, er empfange die Gaben in Demut, die sie verleihen.

Eine gleiche Grundtendenz finden wir in der Bibel und auch in anderen Überlieferungen. Die Menschen der damaligen Zeit achteten den Willen der Götter und ordneten sich unter, ja sie fürchteten die Götter. Sie hatten sicher eine Erkenntnis die uns in der heutigen Zeit verloren gegangen ist. Jedoch sollte man die Dinge kritisch betrachten. Bei den Unsterblichen ist zwischen Liebe und Hass mitunter nur ein winziger Schritt den wir, ob ihrer Launen, nur schwer Voraus berechnen können. Die Sterblichen sind für sie nur Mittel zum Zweck. Schon haben sie ihren Zorn auf uns gelenkt, obwohl wir es gar nicht wollten. Im Ganzen gesehen ist es das Bild einer Sklavenherrschaft.

    * Aber glühend vor Zorn sprach Aphrodite, die Göttin: Törin, reize mich nicht, dass ich dich nicht zürnend verstoße und dich mit Hass verfolge, wie jetzt mit unendlicher Liebe,... Schrecken packte (die Schöne) Helena da, die Tochter Kronions, nieder schritt sie gehüllt in den silberschimmernden Schleier, schweigend und unbemerkt von  den Frauen, und folgte der Gottheit.

Wie Götter die Menschen für ihre Zwecke benutzen ist an folgenden 2 Beispielen sehr deutlich zu erkennen

    * Mut jetzt, Held Diomedes, und kämpfe gegen die Troer! Goss ich dir doch in das Herz des Vaters entschlossene Stärke, wie sie mit schwingenden Schild der riesige Tydeus bewährte; nahm von den Augen dir fort den Nebel, der früher dich täuschte, dass du nun klar unterscheidest der Götter und Menschen Erscheinung. Sollte nun einer der Götter sich nahen zu deiner Versuchung, wage dann nimmer mit anderen unsterblichen Göttern zu streiten. Nur wenn etwa die Tochter des Zeus, Aphrodite, zum Kampfe selber käme, verwunde sie dann mit der Spitze des Erzes. Sprach es und eilte von dannen, mit leuchtenden Augen, Athene;
    * Diomedes, Tydide, du meiner Seele Geliebter! Fürchte doch darum nicht den Ares noch einen der anderen ewigen Götter, ich leiste dir immer gewaltigen Beistand. Auf! Und lenke zuerst auf Ares die Hufe der  Rosse,...

Und so von Athene gestärkt zieht er in den Kampf als Werkzeug der Göttin. Er verletzte nicht nur Aphrodite sondern, einmal mit der Gabe versehen die Götter wahrzunehmen, gleich noch alles was ihm über den Weg lief. Reagierte er etwa seine angestaute Wut gegen die Götter ab? Im Text ist nichts dazu ausgesagt. So kam es wie es kommen musste

    * Oh der Verwegene, der Unhold, der nie vor Frevel sich scheute, der mit dem Bogen die Götter, die Herren des Olympos verletzte! Jenen hetzte auf dich die strahlende Göttin Athene. Oh, der verblendete Tor, es hat der Tydide vergessen, dass nicht lange mehr lebt, wer gegen die Götter gestritten,...

Eines zeigt dieses Textbeispiel sehr deutlich. Ist man in der Lage Unsterbliche wahrzunehmen, kann man sie auch verwunden, Kampfunfähig machen. Natürlich, da sie wie gezeigt, recht subjektiv Denken und Handeln haben sie auch ihre Lieblinge. Die Menschen wissen dies und rühmen sich dessen

    * ... in das Land der phäakischen Männer kommt: sie sind ja vor allen die Lieblinge seliger Götter! Fern an den äußersten Enden, im wildaufwogenden Meere, wohnen wir, keiner gesellt sich zu uns von den  anderen Menschen.
    * Wenn doch also dich liebte des Zeus helläugige Tochter, wie sie gehegt und beschirmt den gepriesenen Helden Odysseus einst in der Troer Gebiet, wo Leid wir Achäer erduldet! Denn noch niemals sah ich so sichtbar liebende Götter, wie dem Odysseus sichtlich gesellt war Pallas Athene.

Fühlten sich die Götter dem Gegenüber sicher, dann zeigten sie sich im sichtbarem Lichte, und verbrachten gemeinsam die Stunden. Hier steht es ganz klar geschrieben

    * Wenn er vom Himmel indes, der Unsterblichen einer, herabkam, dann wohl haben ein anderes dabei sich die Götter ersonnen. Denn uns sichtbar erscheinen ja sonst auch immer die Götter, wenn wir sie ehren mit Opfern und heiligen Festhekatomben, sitzen mit uns, teilnehmend an unseren Mahle, zusammen. Auch wenn einer allein als Wanderer ihnen begegnet, bergen die Götter sich nie; denn wir stehen ihnen so nahe, wie der Kyklopen Geschlecht und das trotzige Volk der Giganten.

Wen die Götter für gut befinden den erheben sie in ihre Runde und es scheint eine besondere Ehre zu sein bei ihnen als Diener zu leben. Dies gilt für den Olympos wie auch bei Poseidon im Ozean.

    * ... und göttlicher Art Ganymedes, der wohl der schönste war von allen sterblichen Menschen. Um seiner Schönheit willen entführten ihn also die Götter, das er als Mundschenk des Zeus im Kreis der Ewigen  lebe.
    * Doch Leukothea sah ihn, des Kadmos reizende Tochter, Ino, sterblich vordem und begabt mit menschlicher Stimme, jetzt in den Gründen des Meeres der Göttinnen Ehre genießend.

Ob der auserwählte Sterbliche dabei die Unsterblichkeit erhält liegt in der Entscheidung der Götter. Die Möglichkeit jedenfalls haben sie, wie wir es bei Odysseus hören können. Ihn wollte die Nymphe Kalypsoals Gatten behalten.

    * Möchtest du wohl hier bleiben mit mir und die Grotte bewohnen, und ein Unsterblicher sein, so sehr du dich sehnst, die Gemahlin wieder zu sehen, zu der es an jeglichem Tage dich hinzieht. Und doch rühmt ich fürwahr um nichts mich geringer als diese, nicht an Gestalt noch Wuchs; wohl dürfen ja sterbliche Weiber nie mit unsterblichen Frauen an  Gestalt sich vergleichen und Schönheit.

Odysseus hatte die Wahl wie ein Gott zu leben, unsterblich in ewiger Jugend. Er zieht es vor mit den üblichen Leiden der Sterblichen weiter zu ziehen. Er kannte wohl die Götter; hier sein Urteil.

    * ... Freundlich empfing mich diese mit herzlicher Lieb und pflegte mich, ja sie gelobte, mir unsterbliches Leben zu leihn und ewige Jugend. Dennoch vermochte sie nie mein Herz zu bewegen  im Busen.
    * ... denn nimmer gefiel ihm die Nymphe. Zwar schlummerte Nachts in der wölbigen Grotte - gezwungen, und nicht wollend, gehorchend der Wollenden - ihr an der Seite;

 5.2 Das übermitteln von Wissen

Aber auch gute Taten sind von den Göttern überliefert. Die Sterblichen achteten und bestaunten das Wissen der Götter und diese übermittelten es, wenn es in ihren Plänen entsprach. Auch halfen sie den Menschen. Sie vermittelten Navigationshinweise, lehrten Geschichte und den Gesang.

    * Die den Bootes erschauten, das spät hinsinkende Sternbild, auch Plejaden und Bärin, die sonst auch Wagen genannt wird, welche sich dort umwendet und stets den Orion beachtet, aber allein niemals in Okeanos Welle hinabtaucht. Denn dies Zeichen gebot ihm die herrliche Göttin Kalypso, wenn er die See durchführe, sich allzeit links zu behalten.
     * Seid ihr doch Götter, seid immer gewärtig und kundig in allem, wir aber wissen nur wenig und hören nur dunkle Sage - wen denn nannte  man da von der Danaer Führer und Helden?

Die Erzählungen welche die Sänger mit Ihren Liedern darbrachten waren nicht alle menschlichen Ursprungs.

    * So wie des Sterblichen Blick an dem Mund des begeisterten Sängers hängt, der liebliche Lieder, gelehrt von den Himmlischen, anstimmt;

5.3 Das Können der Götter für den Menschen eingesetzt

Hephaistos, der hinkende Gott, hat für einen sterblichen König einen ganzen Palast gebaut. Eine schwimmende Insel mit Gemäuer aus Erz lässt den Gedanken aufkommen das hier die Himmlischen beteiligt waren für die Menschen ein Schiff zu bauen.

    * Ging nach Alkinoos stolzen Palast: hier stehend erwog er vieles im Geist, noch eh er die Schwelle hinan trat. Denn wie Lichtglanz war es von Helios oder dem Monde rings in Alkinoos hohem Palast, des erhabenen Gebieters. Wände von lauteren Erz erstreckten sich hierhin und dorthin, tief von der Schwelle hinein; rings war ein Gesimse von Blaustahl. Tore von Gold umschlossen die stattliche Wohnung im Inneren; Silbern erhoben sich rings auf eherner Schwelle die Pfosten; Silbern zugleich war oben der Kranz und vom Golde der Ringgriff. Hunde von Gold und Silber umlagerten jegliche Seite, welche Hephaistos gebildet mit kunstreich schaffenden Sinne, das sie die Burg des erhabenen Alkinoos treulich bewachten, Hüter unsterblicher Art und  blühend in ewiger Jugend.
    * Und zur äolischen Insel gelangten wir: diese bewohnte Aeolos, Hippotes  Sohn, den unsterblichen Göttern befreundet. Schwimmend bewegt sich die Insel, und rings umschließt sie Gemäuer, undurchdringlich, von Erz; glatt steigt in die Lüfte der Fels auf.

Einen Ozeanriesen könnten wir auch als schwimmende Insel bezeichnen. Von Erz umschlossen beinhaltet er alles was wir zum Leben benötigen, und manch Luxusdampfer ist wie ein Palast gebaut. Solcherart Schiffe baut man auch Heute als Kreuzfahrtschiffe oder schwimmende Seniorenheime für die Reichen dieser Welt.

 5.4 Persönlicher Einsatz der Götter

Auch halfen die Götter mitunter den Menschen persönlich mit Technik und Wissen.

    * Gab ihm (Kalypso) ein mächtiges Beil, zum Griffe gerecht für die Hände, Ehern, an jeglicher Seite geschärft; von dem Holze des Ölbaumes war ein zierlicher Stiel, der wohl in die Öse sich fügte; gab die  geschliffene Axt ihm sodann, und führte des Wegs ihn ...
    * Bohrzeug brachte die Göttin indes, die erhabene Kalypso; und nun bohrt er die Balken und passte sie wohl an einander, ...
    * Nimm hier, gürte dir unter die Brust den unsterblichen Schleier; und es bedroht dich hinfort kein Unheil oder Verderben. Wenn du darauf anschwimmend das Land mit den Händen berührtest, leg ihn ab und wirf ihn in die dunkle Meeresflut, weit von dem Ufer hinweg, und abwärts wende das Antlitz. Also rief und gab ihm den heiligen Schleier die Göttin; selbst dann tauchte sie wieder hinab in die  wogende Meerflut, eilig, dem Seehuhn gleich, und die dunkle Woge  verbarg sie.

Hier ein ausführliches Textbeispiel über die Hilfe eines Gottes um die Gefährten des Odysseus zu retten

    * Als ich (Odysseus) indes mich schickte, die heiligen Schluchten durchwandelnd, schon in der Zauberin Kirke gewaltiges Haus zu gelangen, trat mir Hermes entgegen, der Gott mit dem goldenen Stabe, als ich dem Hause mich nahte; von Ansehn glich er dem Jüngling, welchem der Bart erst keimt in der Holdesten Blüte der Jugend, fasste mir freundlich die Hand, und sprach anredend die Worte: Armer, wohin durchziehst du so einsam wieder die Waldhöhn, ganz unkundig des Ortes, indes dort deine Gefährten Kirke, wie Schweine gestaltet, in mächtige Kofen gesperrt hat? Kommst du vielleicht, sie zu lösen, daher? Dann sag ich, du kehrst wohl ebensowenig zurück, nein, bleibst, wo die Anderen blieben. Aber wohlan, ich will dich befreien und erlösen vom Unheil Nimm dies heilsame Kraut, und geh zum Palaste der Kirke; Traun, das wird dir vom Haupte den Tag des Verderbens entfernen. Alle bericht ich dir nun, die verderblichen Künste der Kirke. Weinmus wird sie bereiten und Kraut in die Speise dir mengen; doch zu verzaubern vermag sie dich nicht; das wehrt ihr des Krautes heilsame Kraft, das dir bestimmt. Nun höre mich weiter. Wenn dich Kirke berührt mit dem langhin ragenden Stabe, dann dein schneidendes Schwert alsbald von der Hüfte dir reissend, stürme hinan, als wolltest du sie voll Zornes ermorden. Fordert sie nun im Schrecken dich auf, ihr Lager zu teilen; sträube dich dann nicht mehr, der Unsterblichen dich zu gesellen, das sie bewirte dich selbst und löse zugleich die Gefährten.
      ... Sprach es und reichte das Kraut, der gewaltige Mörder des Argos, das er dem Boden entrissen, und gab mir seine Natur an. Schwarz war unten die Wurzel, und milchweis glänzte die Blüte, Moly wirds von den Göttern genannt, und sterbliche Menschen graben es nur mit Gefahr, doch Jegliches können die Götter.

Hermes eilte daraufhin rückwärts in den Hohen Olympos. Auch hier wieder eine Göttin die Verlangen nach der Liebe eines Sterblichen hat. Odysseus erfüllt ihr das Verlangen um seine Gefährten von ihrem Zauber zu befreien. Aber auch die männlichen Gottheiten haben Bedürfnisse sich mit sterblichen Frauen zu Paaren. Das daraus Nachwuchs entstehen kann ist selbstverständlich. Biologische Barrieren gibt es anscheinend  nicht.

    * Dessen Gestalt annehmend, erschien der Beherrscher des Meeres; und er gesellte sich ihr an des wirbelten Stromes Gestaden. Um sie türmten sich rings, dem Gebirge gleich, purpurne Wogen,  übergewölbt, und verhüllten den Gott und die sterbliche Jungfrau. Schlummer ergoss er um sie und löst ihr schmeichelnd den Gürtel. Aber nachdem er sich in Umarmungen liebend vereinigt, drückte der Gott ihr freundlich die Hand, ausrufend die Worte: Freude dir, Weib, um die Liebe; du wirst in dem Kreise des Jahres herrliche Kinder gebären; unsterblicher Götter Umarmung ist nie sonder Erfolg; drum pfleg und ernähre die Söhne! Doch nun Eile nach Hause, verschweig's und nenne mich Niemand. Wisse, Poseidon bin ich, der Erdumstürmende Meergott. Sprach es und tauchte hinab in die schäumende  Woge des Meeres.

Interessant ist die Bemerkung Poseidons, dass die Umarmung bei Göttern normalerweise nicht sonderlich von Erfolg gekrönt ist. Die Zeugung ist ein besonderer Glücksfall. Zeus war Vater vieler Götter und Halbgötter. Er hatte ein reges Liebesleben. So brachte er und seine Mittgötter die Erbmassen der Unsterblichen unter die Menschheit, mit all ihren Vor- und Nachteilen. Philosophen und Friedensforscher hätten hier eine lohnende Aufgabe darüber nachzudenken ob es Gut oder Schlecht war. Auch die Bibel berichtet von solcherlei Vermischung zwischen Göttern und Menschen. Die oft zitierte Stelle lautet:

    * Als nun die Menschen sich auf der Oberfläche des Erdbodens zu vermehren begannen und ihnen auch Töchter geboren wurden und die Gottessöhne die Schönheit der Menschentöchter sahen, nahmen sie sich von ihnen diejenigen zur Frauen, die ihnen besonders gefielen. Da sagte der Herr:" Mein Geist soll nicht für immer im Menschen erniedrigt sein weil er ja Fleisch ist; so sollen denn seine Tage (fortan) nur noch hundertundzwanzig Jahre betragen! " Zu jener Zeit waren die Riesen auf Erden und auch später noch, solange die Gottessöhne mit den Menschentöchtern verkehrten und diesen ihnen (Kinder) gebaren. Das sind die Helden, die in der Urzeit lebten, die hochgerühmten Männer.

Die Sintflut war daraufhin die logische Entscheidung des Herrn. Finden wir in diesem Textbeispiel nicht alles wieder was wir auch bei Homer lesen können. Riesengestalten der Götter, Vererbungslehre, Himmlische und Menschen als Paare, wobei die Unsterblichen die Wahl trafen. Es sind zwei Literarische Werke die völlig unabhängig voneinander entstanden sind. Man sollte es nicht so leichtfertig mit der Begründung abtun, dass Einer vom Anderen abgeschrieben hat. Das Volk Israel brachte sein Wissen aus Ägypten mit, die Griechen haben ihre eigene Mythologie, die nichts mit der Bibel gemein hat. Das Verhältnis der Götter zu den Menschen bei Homer ist recht zwiespältig, eigensinnig und launenhaft. In der Bibel ist es für mich das Schicksal Hiob's, das an der Gutmütigkeit der Götter zweifeln lässt.

 

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